Raumakustik im Studio

 

Einführung

Jeder, der schon mal im Proberaum oder in den eigenen vier Wänden Mikrofonaufnahmen gemacht hat, kennt die Enttäuschung: So, wie sich das “live” angehört hat, klingt der Mitschnitt wahrhaftig nicht: Es dröhnt, es mulmt, ein Sound, als hätte man in einer Telefonzelle gespielt. Der Grund dafür liegt in der schlechten Akustik eines “normalen” Raums. Um die Akustik zu verbessern, muß man etwas tun. Also Noppenschaum oder Eierkartons an die freien Wände geklebt! Die nächste Enttäuschung ist vorprogrammiert. Die neue Aufnahme klingt zwar anders, aber leider nicht wirklich besser. Eierkartons und Noppenschaum beeinflussen nämlich nur die hohen Frequenzen – und die sind gar nicht das eigentliche Problem.

Durch ein paar Tricks lässt sich natürlich auch bei schlechter Akustik etwas verbessern. Man kann zum Beispiel mit dem Equalizer einiges “hinbiegen”, eventuell mit einem schmalbandigem Kerbfilter gezielt Raumresonanzen ausblenden und durch möglichst nahe Mikrofonierung den Raum sozusagen ausblenden. Aber das hat alles seine Grenzen. Die Ursachen sind damit nicht behoben. Es gibt Instrumente, die damit besser zurechtkommen, aber auch andere, die so nicht vernünftig in den Griff zu bekommen sind (z.B. Piano oder Sax).

Was stört denn nun die Aufnahme? Überwiegend sind das die Raumresonanzen und unerwünschte Reflexionen.

Im Folgenden ein Beispiel, das uns freundlicherweise von der Band Alpenblitz zur Verfügung gestellt wurde. Zunächst die Aufnahme, die Alpenblitz im eigenen Proberaum durchgeführt hat.

Die Aufnahme ist schon ganz gut. Manch einer wäre froh, das so hinzukriegen. Aber man hört doch ganz deutlich störende Reflexionen, die z.B. das Sax wenig transparent und etwas “topfig” klingen lassen.

Jetzt die Aufnahme aus unserem Studio. Es sei noch bemerkt, dass der Flügel jetzt akustisch aufgenommen ist und nicht - wie vorher - vom Sample-Player kommt. Außerdem sollte man auch mal den Gesang vergleichen!

Raumresonanzen bzw. Raummoden

Raumresonanzen (die Raummoden) führen zu schmalbandigen Lautstärkeüberhöhungen bestimmter Frequenzen durch stehende Wellen. Abbildung 1Betroffen ist vor allem der Bereich vom Bass bis zu den unteren Mitten. Bei höheren Frequenzen sind die Moden so eng aneinander und normalerweise auch ausreichend gedämpft, so dass sie nicht mehr stören. Es gibt sehr viele dieser Moden, bestimmt durch die Raumabmessungen. Daher sind auch der Korrektur durch den Equalizer enge Grenzen gesetzt. Außerdem haben Resonanzen lange Ausschwingzeiten. Der Bassbereich klingt nicht mehr druckvoll, sondern dröhnt.

 

Korrigieren kann man das mit Resonatoren (Bassfallen). Normaler Noppenschaum hilft nichts, denn der dämpft nur die Höhen und oberen Mitten. Im Studiobereich üblich für den Bassbereich sind die frequenzmäßig abgestimmten Plattenresonatoren (siehe Abbildung 1 aus unserem Studio) und Helmholtz-Resonatoren (auf dem Bild des Schlagzeugraums erkennbar).

Für den Mittenbereich können entweder Breitbandabsorber eingesetzt werden wie an der Studiodecke (siehe Abbildung 3 aus unserem Aufnahmeraum) oder speziell abgestimmte Schlitzplattenabsorber (siehe Abbildung 2 aus unserem Studio), die gezielt auf die Resonanzfrequenzen einstellbar sind.

 

Reflexionen

Einerseits sind Reflexionen wichtig und auch erwünscht - vor allem in Form von Hall und Erstreflexionen - ohne die eine Aufnahme jeder Räumlichkeit entbehren würde. Auch ein  Abbildung 2 sehr trockener Mix würde ohne Erstreflexionen “tot” klingen. Die “richtigen” Reflexionen lassen den Klang luftiger und lebendiger werden. Außerdem brauchen viele Instrumente zur vollen Klangentfaltung Reflexionen. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Fußboden.

Anderseits können Reflexionen aber auch sehr stören. Sie sind beispielsweise verantwortlich für kleinräumigen, matschigen Sound und für unangenehme Auslöschungen, die ähnlich einem “phasing” Effekt klingen.

Die Kunst besteht nun darin, gewünschte Reflexionen zu fördern und gegebenenfalls zu formen und unerwünschte Reflexionen zu unterbinden.

 

Erwünschte Reflexionen

Erwünscht sind, wie bereits angesprochen, Reflexionen vom Fußboden. Aber welche Oberfläche soll es sein? Ein Teppichboden schluckt Höhen, dem reflektierten Schall fehlt Brillianz. Besser ist, wenn der Boden auch Höhen reflektiert. Parkett ist ideal und wird in allen großen Studios verwendet. Instrumente wie z.B. eine Snaredrum oder ein Flügel leben richtig auf.

Erwünscht sind auch Reflexionen hinter den Monitorlautsprechern im Kontrollraum. Dazu mehr im Kapitel “Der Abhörraum”.

 

Unerwünschte Reflexionen

Reflexionen zwischen zwei Wänden (auch zwischen Decke und Boden) sind hingegen kritisch. Kurze Reflexionen lassen einen Raum kleinräumig erscheinen. Zudem kommt es - vor allem bei kürzeren Distanzen - zur Auslöschung bestimmter Frequenzen, dem sog. Kammfiltereffekt. Zwischen zwei parallelen Wänden entsteht auch das sog. Flatterecho. Um letzteres nicht erst entstehen zu lassen, Abbildung 3gestaltet man Studiowände oft gekrümmt bzw. schräg. Zur optimalen Gestaltung braucht man aber viel Platz. Denn ein Versatz von z.B. nur 30cm nützt recht wenig (oft gesehen!). Und betroffen sind ja alle Wände einschließlich Decke. Letztere ist sogar sehr wichtig, denn erstens ist der gegenüberliegende Boden ja zwangsläufig immer eben und reflektiv und zweitens ist die Decke für viele Mikros die nächstgelegene Wand.

Man kann statt schräger Wände auch die störenden Reflexionen dämpfen. Wir haben die Decke deshalb zum einen durch einen hochwertigen und dicken Pyramidenschaum abgedämpft, der im Gegensatz zum normalen Noppenschaum bis in die unteren Mitten reicht, und dazu noch den Abstand zur Wand vergrößert und hinterdämmt, um den Absorptionsbereich noch mehr nach unten zu erweitern (siehe Abbildung 3). Solche Konstruktionen nennt man Breitbandabsorber. Unerwünschte Reflexionen und Flatterechos werden auf diese Weise eliminiert.

Auch die Seitenwände unseres Studios sind akustisch bearbeitet. Hier werden hinterdämmte Holzpaneele verwendet, die den Mittenbereich dämpfen. Die Höhen bleiben unbedämpft, denn einerseits verliert der Raum sonst an Brillianz und anderseits sind die Reflexionen hoher Frequenzen bereits in relativ geringer Entfernung von der Wand “gutmütig”.

 

Der Abhörraum

Genauso wichtig wie für den Aufnahmeraum ist eine gute Akustik natürlich auch für den Abhörraum. Man könnte nun einwenden, dass Aufnahmen ja in ganz “normalen”, akustisch nicht ausgebauten Räumen abgehört werden, die Akustik im Abhörraum also nicht so wichtig sein kann. Das stimmt aus zwei Gründen nicht:

Zum einen lässt es sich nicht vermeiden, dass man die akustischen Fehler des Abhörraums beim Mix auszugleichen versucht. In einem anderen Raum wird man jetzt diese Korrekturen als unangenehm, als schlechten Mix wahrnehmen. Ein besonderes Problem ist noch, dass sich der Mensch auf die Unzulänglichkeiten eines Raumes, in dem er steht, einstellt und akustische Probleme nicht mehr so deutlich wahrnimmt. Das gilt aber nicht für das, was aus dem Lautsprecher kommt. Das ist dann der Grund dafür, warum Musik in schlechter akustischer Umgebung “live” immer besser klingt als die Aufnahme (siehe oben).

Zum anderen lassen sich die Dinge, die in der schlechten Akustik untergehen, gar nicht mehr beurteilen. Damit wird das Ergebnis an dieser Stelle ein Zufallsprodukt, also manchmal gut aber meistens schlecht.

Gilt nun das für den Aufnahmeraum Gesagte auch für den Abhörraum?

In Bezug auf Raumresonanzen uneingeschränkt, in Bezug auf Reflexionen gibt es aber eine Besonderheit. Es geht ja nur um die Lautsprecher als Schallquelle und das Ziel ist eine möglichst gute Abbildung des Mixes. Dazu hat es sich als sehr günstig erwiesen, wenn die Lautsprecher von vorne nur als Direktschall wahrgenommen werden, also ohne Reflexionen, von hinten aber eine diffuse Reflexion kommt. Wir haben deshalb die Rückwand mit Bassabsorbern ausgestattet, die durch die versetzten Platten gleichzeitig als Diffusoren arbeiten. So kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Das sind übrigens die gleichen Absorber, wie sie im Aufnahmeraum Verwendung finden. Der Unterschied zu einer glatten Wand ist frappierend. Plötzlich ist das Stereobild präzise und detailiert. Der Lautsprecher ist nicht mehr ortbar, sondern nur noch das Instrument auf seiner Position im Stereobild.

 

Zusammenfassung

Wir hoffen, dass dieser Artikel etwas Licht in den Dschungel Akustik gebracht hat und deutlich macht, warum wir uns so viel Mühe für die Akustik in unseren Räumen geben. Natürlich haben wir viele Details unterschlagen und manche Sachverhalte etwas verkürzt dargestellt. Das würde sonst den Rahmen dieser Abhandlung sprengen. Für weiterführende Informationen sei auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen. Aber man muss das nicht alles wissen, man kann davon auch einfach nur profitieren.

 

Tukan
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